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„You’re enough“ oder „Die Zufriedenheit (saṅtoṣa) aus meiner Sicht des Yoga“

Hallo und Namaste du Liebe*r,

kürzlich ging ich eine meiner liebsten Spazierrunden, entlang der Schlossmauer des Nymphenburger Parks. Schon aus 100 Metern Entfernung konnte ich den Graffiti Schriftzug in neongelb nicht übersehen: „You’re enough“ – „Du bist genug“.

Augenblick ist mir das Sanskrit-Wort saṅtoṣa in den Kopf geschossen.

Zu finden ist es im Yogasutra 2.32 und 2.42 und wird mit „Zufriedenheit“ übersetzt.

Schauen wir uns die beiden Sutren genauer an:

śauca-santoṣa-tapaḥ-svādhyāya-īśvarapraṇidhānāni niyamāḥ (Yogasutra 2.32)

„Niyama (die Regeln des Alltagsverhaltens) umfassen Reinheit, Zufriedenheit, Selbstdisziplin, Selbststudium und Hingabe.“

R. Sriram – Patañjali – Das Yogasutra – Theseus – 2006

Die Zufriedenheit wird also im Kontext von weiteren „Regeln“ erwähnt. Sie ist Teil eines ganzen Zusammenspiels im Umgang mit uns selbst. Vielleicht magst du dir einen Moment Zeit nehmen und rein fühlen in welchem Zusammenhang sie bei dir auftritt:

  • Hat Zufriedenheit vor allem mit Reinheit zu tun?
  • Oder bedarf es der Selbstdisziplin, um zufrieden zu sein?
  • Vielleicht es es aber auch so, dass ein „You’re enough“ aus der Hingabe hervorkommt?
  • Eventuell ist die Zufriedenheit sogar das Ergebnis eines Selbststudiums?

Wirkt jdenfalls alles sehr ich-bezogen, oder? So ist das mit den Niyamas, denn sie sind die Verhaltensregeln uns selbst gegenüber, wie Sriram erläutert:

„Nicht unrein werden, sich stets zufrieden zeigen, diszipliniert sein, an der eigenen geistigen Entwicklung interessiert bleiben und hingabefähig sein – das sind die fünf wichtigen Verhaltensregeln gegenüber sich selbst.“

R. Sriram – Patañjali – Das Yogasutra – Theseus – 2006

„Sich stets zufrieden zeigen“ klingt nach einer harten und schwierigen Aufgabe. Vor allem in Zeiten einer Pandemie, wie wir sie gerade alle – und zwar tatsächlich alle, im Sinne von weltweit – erfahren und erleben. Doch vielleicht ist es hier wie mit so vielen anderen Dingen oder Themen, in den unterschiedlichsten Lebensbereichen:

Wir fangen erst einmal mit bzw. bei uns selbst an, bevor wir eine Verhaltensänderung von anderen erwarten!

So hat meine Ausbilderin dem Ganzen gleich den Wind aus den Segeln genommen. Oder anders gesagt: Sie hat ihre Schüler*innen beruhigt 🙂

„Niyamas sind keine Gebote, sondern eine Einladung um Erfahrungen zu machen und sich selbst zu überprüfen.“

Karin Kapros

Mit dieser Sichtweise lade ich dich ein, deine Gedanken und Gefühle dem zweiten Yogasutra zum Thema Zufriedenheit zu widmen. Denn nur zehn Sutren später, wird detailliert auf die Zufriedenheit (saṅtoṣa) eingegangen:

santoṣāt anuttamaḥ sukha-lābhaḥ (Yogasutra 2.42)

„Aus Zufriedenheit geht unvergleichliches Glück hervor“

R. Sriram – Patañjali – Das Yogasutra – Theseus – 2006

Das verstehe ich so, dass ich erst lernen muss/ soll/ darf/ kann zufrieden zu sein, damit ich im Anschluss Glück erfahre. Bis ich mich mit diesem Sutra näher befasst habe, war ich immer der Meinung, dass ich erst glücklich bin und anschließend Zufrieden erfahre. Oder erst dann zufrieden sein kann, wenn ich bereits Glück empfinde. Sprich: Ich dachte immer anderes herum.

Sriram bringt es in seiner Erläuterung auf den Punkt:

„Konsequent zufrieden bleiben bringt grenzenloses Glück.

R. Sriram – Patañjali – Das Yogasutra – Theseus – 2006

Was hat also die Zufriedenheit/ saṅtoṣa mit „You’re enough“ zu tun? Warum ist mir dieses eine Wort an der Schlossmauer sofort in den Sinn gekommen?

Ich kritisiere zu oft zu stark an mir selbst herum. Sei es bezüglich meines Aussehens, dessen, was ich an einem Tag geschafft habe, meinen (selten vorhandenen) Auftrieb in Sache Sport, meinen beruflichen Erfolg als Selbstständige, meinen Koch“künsten“ (die ich sogar jetzt in Anführungszeichen setze), dem was ich bisher in meinem Leben erreicht habe, und und und. Das zieht sich bei mir durch alle, wirklich alle, Lebensbereiche! Ich betreibe absolut gemeines Eigen-Mobbing und rede mit mir so, wie ich es nie und nimmer mit anderen Menschen tun würde.

„Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“

Søren Kierkegaard

Das ständige Gefühl von Nicht-gut-genug-sein nagt wirklich Tag für Tag an mir. Nicht immer in allen Bereichen, dem Himmel sei gedankt! Aber durchaus ist es mal der Körper, mal die Arbeit, mal dies, mal jenes. Ich fühle mich ständig getrieben zu „Höher, schneller, weiter“ und hab immer das Gefühl, noch mehr aus mir herausholen zu müssen oder noch besser sein zu müssen.

Kommt dir das bekannt vor? Und wenn ja: Was machen wir beide nun gegen die Unzufriedenheit und für die Zufriedenheit? Wie können wir unser bisheriges Verhalten überprüfen, es als Erfahrung abhaken und ab jetzt besser und somit liebevoller mit uns selbst (und daher allen anderen) werden?

„Zufriedenheit steht auch für „Wertschätzung“ oder „Im Frieden sein“. Die Zufriedenheit bringt Glück ins Leben. Es geht darum, den inneren Frieden zu finden – unabhängig von der äußeren Situation.“

Karin Kapros

Wenn ich Karin richtig verstehe, ist die Lerneinheit hier also nicht so „hart“ an das Thema ran zugehen, wie es im Yogasutra 2.32 vielleicht rüber kommen mag.Vielmehr geht es darum, eine gewisse Leichtigkeit und Sanftheit zu etablieren. Der Liebe Platz zu machen und das Eigen-Mobbing zu beenden – oder zumindest weitestgehend und bestmöglich runterzufahren.

Eine Idee (die mir spontan dazu einfällt) ist, mir die drei simplen Worte „You’re enough“ immer wieder vorzusagen. Das könnte sich ungefähr so anhören:

„You’re enough“
Möge ich lernen, dass ich genug bin.
„You’re enough“
Möge ich lernen, mich mit liebevolleren Augen zu betrachten.
„You’re enough“
Möge ich lernen, mir selbst zu vergeben.
„You’re enough“
Möge ich lernen, mehr im Frieden mit mir selbst zu sein.
„You’re enough“
Möge ich mehr Zufriedenheit (und somit mehr Glück) in meinem Leben erfahren.
„You’re enough“
Möge ich weniger vergleichen und mehr wertschätzen.
„You’re enough“

Was hältst du davon? Wäre doch ein guter Anfang, oder? Denn bitte denk immer und immer zu daran: You’re enough!

Sonnengrüße durch den Winterhimmel – und bleibt bitte gesund und munter!
Deine Claudi

Von veganlebenyoga

Ich bin Mentorin für veganes Leben und Yogalehrerin BDY/EYU mit jeweils über 13 Jahren Übungs-Erfahrung. In Telefonaten oder Videocalls stehe ich dir bezüglich des Veganismus mit Rat, Tat und Herz zur Seite. Yoga-Privatstunden üben wir gemeinsam online. Schick mir gerne eine E-Mail, wenn du VEGAN oder YOGA mehr Platz in deinem LEBEN geben möchtest!

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